K/ein Plan zur Verbesserung der soziale Lage der Kulturschaffenden? - Die Antworten der Parteien zur Wahl 2019
Im Vorfeld der Nationalratswahl 2019 haben wir die Parteien nach ihre kulturpolitischen Positionen befragt. Wie stehen die Parteien zur finanziellen und sozialen Lage von Kunstschaffenden und KulturarbeiterInnen? Gibt es konkrete Vorhaben? Das haben die Parteien geantwortet. Teil 2/3 der Serie "Kulturpolitik zur Wahl".
Die finanzielle und soziale Lage der Kunstschaffenden ist – bis auf Ausnahmen – großteils sehr schwierig, jene der Kulturarbeiter_innen wie auch der im Bereich Medien Tätigen wenig erforscht. Wie stehen Sie dazu? Gibt es konkrete Vorhaben zur Verbesserung der sozialen Lage?
Die Antworten der Parteien*, sortiert nach den Wahlergebnissen der letzten Nationalratswahl 2017:
"Aufgabe der Politik ist es, bestmögliche Rahmenbedingungen für unsere heimischen Kunst- und Kulturschaffenden zu bieten. Deshalb verfügt das Bundeskanzleramt im Rahmen der Kunstförderung und unterschiedlicher Stipendienprogramme über Mittel, Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen und zu fördern. Dieses Ziel verfolgen wir auch weiterhin im Sinne der Kunstschaffenden. Darüber hinaus sollte eine enge Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Fördergebern angestrebt werden, um langfristig sicherzustellen, dass bei jenen Beschäftigungsverhältnissen, die auf öffentlicher Förderung beruhen, klare rechtliche Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturschaffende, insbesondere im Bereich der freien Szene, gelten.
Die "Studie zur Sozialen Lage der Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittlerinnen und -vermittler in Österreich 2018" stellt fest, dass trotz Einzelmaßnahmen im letzten Jahrzehnt kaum Veränderungen verzeichnet werden konnten. Über zehn Jahre nach der letzten Studie unter Claudia Schmied 2008 wird dokumentiert, dass seither kaum positive Veränderungen erreicht wurden. Das ist ein klarer und unerfreulicher Befund. Die letzte Bundesregierung hat sich aber zuversichtlich gezeigt, dass über die gesamte Legislaturperiode wichtige Schritte in die richtige Richtung hätten gesetzt werden können. Hier lassen wir nicht locker."
"Die Verbesserung der sozialen Lage von KünstlerInnen ist ein kulturpolitischer Schwerpunkt der SPÖ. Als Kulturminister habe ich [Thomas Drozda – Anm. d. Red.] dazu noch eine Studie in Auftrag gegeben, die vor einigen Monaten veröffentlicht wurde und den Handlungsbedarf in diesem Bereich zeigt. Wir haben bereits konkrete Vorschläge zu Verbesserungen beim Künstler-Sozialversicherungsfonds gemacht, die allerdings von TürkisBlau abgelehnt wurden. Für grundsätzliche Änderungen im Sozialversicherungsrecht sollte eine eigene Arbeitsgruppe mehrerer Ministerien eingerichtet werden, die Reformen erarbeitet.
Die sozialen Sicherungssysteme müssen fit gemacht werden für jene, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden oder oftmals zwischen selbständiger und unselbständiger Beschäftigung wechseln.
Außerdem dränge ich seit längerem auf einen Kollektivvertrag für alle Bundesmuseen. Es kann nicht sein, dass Angestellte in Museumseinrichtungen des Bundes in manchen Fällen Stundenlöhne von nur sechs bis sieben Euro haben. Auch die soziale Lage von jungen JournalistInnen – oft mit prekären Arbeitsverhältnissen – ist oftmals nicht rosig. Wir schlagen vor, die Medienförderung plattformabhängig auf den Content abzustellen – im Mittelpunkt müssen die JournalistInnen stehen, die in unabhängigen Redaktionen und unter fairen Arbeitsbedingungen tätig sind."
"Wir sind natürlich darum bemüht, die soziale Lage von Kunstschaffenden und Kulturarbeiter_innen zu verbessern. Deshalb wollen wir die soziale und versicherungsrechtliche Absicherung von Kunstschaffenden ihrer Erwerbsrealität anpassen und entbürokratisieren. Vor allem geförderte Produktionen und Projekte sollen sich in Zukunft an festgelegte Mindesttagessätze und Gagen halten, damit die Selbstausbeutung in vielen Bereichen weniger wird."
"In Anbetracht der erheblichen Wertschöpfung, die durch Kunst-, Kultur- und Medienarbeit lukriert wird, und den vielen Arbeitsplätzen, die daran hängen, sowie der Tatsache, dass sich Österreich als Kulturland definiert, fordern wir die Erhöhung des Kulturbudgets auf 1% des BIP.
Als jemand [Airan Berg – Anm. d. Red.], der seit über 30 Jahren als Theatermacher und künstlerischer Leiter tätig ist und sowohl in großen Institutionen als auch in der freien Szene lange gearbeitet hat, habe ich die Herausforderungen und prekären Arbeitsverhältnissen selber erlebt.
Prinzipiell geht es hier um die Anerkennung von Kunst- und Kulturarbeit als Arbeit die fair entlohnt werden muss.
Mit der Erhöhung des Kulturbudgets auf 1% des BIP könnten folgende Vorhaben realisiert werden:
- Kollektivverträge auch im freien Bereich,
- Empfehlungen von Mindesthonoraren,
- Anpassung der Förderungen an soziale und gesetzliche Realitäten,
- Erleichterung bei der Anwartschaft zu Arbeitslosengeld und Pensionen für Berufe mit kurzen Beschäftigungsverhältnissen,
- Ausbau der Zuschüsse aus dem KünstlerInnensozialversicherungsfonds zu Sozialversicherungs-Beiträgen,
- Inflationsanpassung der Förderungen."
"Wenig erforscht ist die Lage nicht – sonst wüssten wir nicht, dass die soziale Lage schlecht ist. Dies betrifft die Bereiche Kultur/Kunst und Medien gleichermaßen. Wie auch in anderen Bereichen sind die Einkommensunterschiede zwischen den künstlerischen Großverdiener_innen beträchtlich – wobei man sich das "innen" schon sparen könnte, da hier der Gender-Pay-Gap vor allem in der bildenden Kunst noch größer ist als in anderen Feldern. Während auf der einen Seite die Kunstmarktgewinner sind, sind andererseits jene, die öffentliche Aufträge bevorzugen, die ein anderes Verständnis ihrer Vermarktung von Kunst haben und damit sehr oft in prekären Verhältnissen leben. Der ganze Bereich der Kulturarbeiter_innen – vom Theater, Museen, Galerien bis hin zu Medienunternehmen – muss einerseits durch einheitliche Kollektivverträge und anderseits für Ein_Personen-Unternehmer_innen durch passende und gerechte Rahmenbedingungen geregelt werden. Weiters muss die Künstler_innensozialversicherung auf alle in den genannten Bereichen arbeitenden Menschen ausgedehnt werden – Journalist_innen, Bühnenarbeiter_innen und Dramaturg_innen, so sie selbständig tätig sind.
Jedenfalls soll es regelmäßige (zweijährig) Einkommenserhebungen sowie Berichte zur sozialen Lage in diesem Bereich geben, um gezielte Maßnahmen entwickeln zu können."
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Kulturpolitik zur Wahl
Podiumsdiskussion mit den Parteien anlässlich der Nationalratswahl 2019
Montag, 9. September, 19h
Depot - Raum für Kunst und Diskussion
Breite Gasse 3, 1070 Wien
Es diskutieren (alphabetisch gereiht): Airan Berg (JETZT), Eva Blimlinger (Grüne), Henrike Brandstötter (Neos), Thomas Drozda (SPÖ) und Maria Großbauer (ÖVP) und VertreterInnen des Kulturrat Österreich; Moderation: Monika Mokre;
Eine Veranstaltung des Kulturrat Österreich, dem Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden.
*Die Befragung der Parteien wurde vom Kulturrat Österreich in Vorbereitung der Podiumsdiskussion durchgeführt; Die Antworten wurden ungekürzt, lediglich leicht redigiert, so sich Tippfehler eingeschlichen haben, wiedergegeben. Einleitung und Titel von IG Kultur Österreich.
Coverbild © kevint3141 unter der Lizenz CC BY 2.0, Bearbeitung und Schriftzug IG Kultur