Auf in den (Un-)Ruhestand!
Vor nicht allzu langer Zeit träumte ich von meiner Aktivistinnenpension. Wohlverdient würde ich im Ruhestand irgendwo auf einer Veranda sitzen, eine Pfeife rauchen und über so manche Kämpfe sinnieren, über Irrwege und Umwege und ich würde die reichhaltigen Pensionszuschüsse, die Andreas Khol für ehrenamtliche Tätigkeit ja mal vorgeschlagen hat, verprassen.
Vor nicht allzu langer Zeit träumte ich von meiner Aktivistinnenpension. Wohlverdient würde ich im Ruhestand irgendwo auf einer Veranda sitzen, eine Pfeife rauchen und über so manche Kämpfe sinnieren, über Irrwege und Umwege und ich würde die reichhaltigen Pensionszuschüsse, die Andreas Khol für ehrenamtliche Tätigkeit ja mal vorgeschlagen hat, verprassen.
Dann wäre es wohl an der Zeit, die eigene Politisierung zu betrachten: Also zurück auf die Hochschaubahn und noch einmal den Parcours der 80er Jahre abfahren. Also waren es die Befreiungsbewegungen Mittel- und Südamerikas, oder doch die Anti-Apartheitbewegung Südafrikas, die den Ausschlag gaben? Oder die Waldheim Affäre, das Bedenkjahr 88, der Zusammenbruch des Warschauer Paktes, der Krieg am Balkan? Mein Coming Out, der Uni-Streik 96, der maiz’sche Schleuderwaschgang mit politischem Antirassismus, die pinken Tal- und Bergfahrten um strukturelle Homophobie und dem Rosa Lila Tipp, die Operation Spring, Februar 2000, September 2001, 2002, 2003 – hört das denn gar nicht auf ?
Warum fängt mensch sich so etwas überhaupt an? Passiert Politisierung einer/m einfach so? Wie ruft sie ihre EmpfängerInnen an? Findet sie nur Widerhall in Subjekten, die anfällig sind? Liegt es vielleicht an der Sozialisation oder an ideologisch-historischen Umständen, die uns in eine oppositionelle Position hieven? Haben wir es uns in Österreich wieder einmal gemütlich gemacht, weil Gemütlichkeit immer schon eine Urtugend war – eine Tugend, die wir uns auch von allen erwarten, die hier leben?
Wann aber wird eine Situation so ungemütlich, dass auch selbst das Ignorieren nicht mehr funktioniert und alle Techniken des Schweigens und des Verdrängens den Bach runter gehen? Nur zu gern sehen wir uns selbst als Aufgeklärte und Abgeklärte und wenden schließlich als letzte Technik den Zynismus an, um dem „Da kann man eh nix machen!“ beizupflichten.
Wann aber kippen diese ideologischen Selbstverständnisse zwischen Gemütlichkeit und jede/r ist ihres/seines Glückes SchmiedIn? Im Land der Freien und der Braven – okay, richtig heißt es der Mutigen, dem Land, wo das Bild vom Tellerwäscher zum Millionär ideologisches Leitmotiv über Jahrhunderte war, ein Motiv, das aber immer mehr ins Wanken gerät, haben allein in Los Angeles 500.000 zum Teil Illegalisierte gegen die Verschlechterung der Einwanderungsbestimmungen und gegen die Kriminalisierung von Papierlosen demonstriert. Und das am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, ein traditioneller Feiertag bei uns, ein ganz normaler Arbeitstag in den USA. An diesem Tag gingen Zigtausende nicht zur Arbeit, Geschäfte mussten geschlossen bleiben, KundInnen blieben aus. Im eigentlich besten Sinn ein Tag des Streikes gegen die neoliberale Wirtschaftsmacht.
Wahrscheinlich würde ich mich dann (trotz meiner imaginierten Aktivistinnenpension) aus dem Schaukelstuhl schwingen, das Politische mit dem Privaten vereinen, zum Telefon greifen und Email-Listen beschicken mit „El presidente“ kommt nach Österreich – und zwar am 21. Juni 06 und da muss mensch doch was machen.
Ob diese Demonstrationen die Gesetzesänderung verhindern können, ist nicht absehbar, aber die Parole ist klar: „Today we march, tomorrow we vote!“