Transparenz in der Kulturverwaltung - a never ending story

Transparenz ist einerseits eine Selbstverständlichkeit im Kulturbereich: jeder Euro, den öffentliche Gebietskörperschaften für Kultur ausgeben, wird in Berichten aufgelistet, die mittlerweile schon Tradition haben. Jede/r Kulturpolitiker/in schreibt sich die Transparenz auf die Fahnen.

Transparenz ist einerseits eine Selbstverständlichkeit im Kulturbereich:  jeder Euro, den öffentliche Gebietskörperschaften für Kultur ausgeben, wird in Berichten aufgelistet, die mittlerweile schon Tradition haben. Jede/r Kulturpolitiker/in schreibt sich die Transparenz auf die Fahnen.

Andererseits ist Transparenz, Inbegriff der Klarheit und Durchsichtigkeit, selbst ein recht unklarer Begriff. Was heißt Transparenz konkret?

1. Rahmenbedingung

Es ist ein rechtsstaatliches Prinzip, dass behördliches Handeln für alle, die es betrifft,  nachvollziehbar sein muss. Das gilt keineswegs nur für die Kulturförderung.

Daher müssen behördliche Verfahren zunächst einmal gesetzlich geregelt sein, sei es in einem Gesetz (wie auf Bundesebene und in den 8 Bundesländern ohne Wien) oder durch ein Gemeindestatut auf Ebene der lokalen Gebietskörperschaften.

Auch wenn es sich bei der Kulturförderung nicht um „hoheitliche“ Akte handelt sondern um privatwirtschaftliche Handlungsfelder, muss sich der Staat an seine selbst gesetzten Ansprüche halten: an die Grundrechte, an das Verbot von Willkür, an das Selbstbestimmungsrecht der Bürger/innen und ihrer Vereine, an das Wirtschaftlichkeitsprinzip, und er unterliegt bestimmten Sorgfaltspflichten.

2. Information

Für die Förderwerber/innen muss das Förderverfahren vorherbestimmbar und berechenbar sein. Sie müssen wissen, nach welchen Regeln das Förderverfahren abläuft und ob es überhaupt sinnvoll ist, sich um eine Förderung zu bewerben. Dazu ist es notwendig, dass Budgetdaten zugänglich sind, die über die wenig detaillierten Haushaltsvoranschläge hinaus gehen. Im Allgemeinen sind die meisten notwendigen Informationen auf den Homepages der Behörden verfügbar: Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Kriterien für die Förderung, Fristen, Mitglieder der Beiräte.

Dennoch gibt es gravierende Informationsmängel: erhält ein/e Förderwerber/in die Auskunft, dass ein Ansuchen „aus budgetären Gründen“ abgelehnt wird, hätte sie sich die Mühe sparen können. Ähnlich verhält es sich, wenn es heißt, der Beirat habe „sich nicht zu einer Förderempfehlung entschließen“ können.

3. Begründung

In dem Fall verhält es sich wie bei der Lotterie, wo auf den Nieten steht: „Dieses Los gewinnt leider nicht“. Förderwerber/innen haben Anspruch auf eine nachvollziehbare Begründung. Die budgetäre Begründung ist keine, es sei denn, der Staat habe seine Fördertätigkeit insgesamt eingestellt und alle anderen Förderansuchen werden ebenso abgelehnt. Doch das ist erfahrungsgemäß nicht der Fall, weshalb eine solche „Begründung“ als Falschmeldung oder als Willkür zu interpretieren wäre.

Wenn Förderkriterien festgelegt sind und fachlich besetzte Beiräte mit den Ansuchen befasst werden, sollte es eigentlich nicht schwer sein, eine deutliche inhaltliche Begründung für Zusagen und Ablehnungen zu formulieren. Ergänzend dazu können Beiratssitzungen öffentlich stattfinden, was die Imagination der Beiräte als „Blackbox“ nachhaltig zum Verschwinden bringen würde.

4. Berichte

Auch Kunst- und Kulturberichte sind mittlerweile bei allen größeren Gebiets­körperschaften Standard. Doch auch wenn eine öffentlich zugängliche Auflistung aller positiv erledigten Förderfälle ein halbes Jahr nach Ende des Geschäftsjahres für andere Politikbereiche vorbildhaft wirken mag, gibt es im Kulturbereich noch eine Vielzahl offener Fragen. Verpflichtendes Genderbudgeting für alle öffentlichen Haushalte ab 2013 mag einen Teilbereich zu verbessern. Einzelne Berichte (Stadt Linz, Land Vorarlberg) vergleichen bereits jetzt Förderungen für Männer mit jenen für Frauen. Angesichts des minimalen Anteils, den die Personenförderung ausmacht, ist es jedoch unumgänglich, gerade für die geförderten Organisationen Gendermainstreaming mit allen Konsequenzen umzusetzen.

Interessant wären auch Daten, um wie viel Geld in einem Berichtsjahr überhaupt angesucht wurde. Die Förderquote sagt einiges darüber aus, inwieweit eine Förderstelle ihre Ziele erreicht. Wichtig wäre auch eine Klärung, welche Beträge für eigene Betriebe ausgegeben werden, wie viel für private Einrichtungen und wie viel an Personen. Eine solche Aufstellung würde deutlich machen, dass die Ausgaben für die staatlichen Einrichtungen (schneller) steigen während der Anteil der Privaten an der Förderung seit Jahren schrumpft. Das untergräbt die Achtung vor der kulturellen Vielfalt und das Selbstbestimmungsrecht der Künstler/innen und Kulturschaffenden.

To be continued!


Juliane Alton ist Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg und Vorstandsmitglied der IG Kultur Österreich.

ALTERNATIVEN ZUM VERLUST DER KULTURPOLITIK:

Teil 26: Umverteilung ist eine Alternative. Von Elisabeth Mayerhofer
Teil 25: Die engen Grenzen der Kunst. Von Elisabeth Mayerhofer
Teil 24: Internationale Kulturpolitik zwischen Dialog, Selbstrepräsentation und Ausgrenzung. Von Franz Schmidjell
Teil 23: Kulturpolitik machen – für eine Verteilungsdebatte, jetzt! Von Juliane Alton
Teil 22: Umverteilung jetzt! Von Elisabeth Mayerhofer
Teil 21: Die Wissensgesellschaft und ihre freien Idioten. Von Andrea Roedig
Teil 20: Kunst irrt. Von Juliane Alton

Teil 19: Gipsy Dreams. Von Gilda-Nancy Horvath
Teil 18: Intervention zur Wienwoche. Von Ülkü Akbaba und Andreas Görg
Teil 17: Kulturpolitik für Menschen, nicht für Institutionen! Von Marty Huber
Teil 16: Mobilität statt Barrieren!. Von Petja Dimitrova
Teil 15: Alternativen zum Verlust der Kulturpolitik: Ein Zwischenresümee. Von Gabi Gerbasits

Teil 14: Von Schönheitsfehlern und Mißtönen abgesehen. Von Gerhard Ruiss
Teil 13: Lasst alle Hoffnung fahren. Von Otto Tremetzberger
Teil 12: Soziale Lage? Oder Wallfahren für Linke. Clemens Christl
Teil 11: Ein Lüfterl oder ein Brain-Storm? Gottfried Wagner
Teil 10: Panic on the Streets of London. Michaela Moser

Teil 9: Gefällige Demokratur oder demokratische Kultur? Stefan Haslinger
Teil 8: Räume der kulturellen Tat. Marty Huber
Teil 7: Transparenz in der Kulturverwaltung - a never ending story. Juliane Alton
Teil 6: Musiktheater als bürgerlicher Selbstbedienungsladen? Juliane Alton
Teil 5: Zwei ökonomische Argumente, warum man sich bei der Kultur nichts erspart und ein Plan B. Paul Stepan

Teil 4: Eine Kulturpolitik für Alle und von Allen. Ljubomir Bratić
Teil 3: Abschminken ist angesagt! Michael Wimmer
Teil 2: Keine Angst vor den freien Szenen? Elisabeth Mayerhofer
Teil 1: Fehlt da jemand? Stefan Haslinger
Teil 0: Geht's noch? Marty Huber