Zeit Bilanz zu ziehen Presseaussendung
Die erste Amtszeit des Kulturkuratoriums läuft mit 31.12.2014 aus. Zeit Bilanz zu ziehen. Wie verhält sich die kulturpolitische Praxis, seit das Kulturkuratorium den Landeskulturbeirat ersetzt und gleichzeitig die Agenden des Förderbeirats übernommen hat?
Die erste Amtszeit des Kulturkuratoriums läuft mit 31.12.2014 aus. Zeit Bilanz zu ziehen. Wie verhält sich die kulturpolitische Praxis, seit das Kulturkuratorium den Landeskulturbeirat ersetzt und gleichzeitig die Agenden des Förderbeirats übernommen hat?
Historie Nr.1: Das Kulturkuratorium besteht seit Februar 2012 – seit der Landeskulturbeirat, der 2005 im Kunst - und Kulturförderungsgesetz verankert wurde, der Reform- und Einsparungspolitik des Landes Steiermark geopfert wurde. Bereits damals kritisierte die IG Kultur die Machtkonzentration auf ein einziges Gremium. Die naheliegende Befürchtung, dass ein Zusammenlegen von zwei Beiräten, die völlig unterschiedliche Aufgaben hatten, und die Erweiterung auf 15 Personen Entscheidungsfindungen im Kuratorium eher schwieriger machen werden, ist leider eingetroffen.
Was läuft falsch?
Die Machtkonzentration des Kulturkuratoriums betrifft zweierlei. Einerseits entscheiden durch die Zusammenlegung der Aufgabengebiete die gleichen 15 Personen über die kulturpolitischen Entwicklungen und über die Förderanträge der Kulturinitiativen. Folgenreicher aber ist, dass dieselben 15 Personen über mehr als 700 Förderanträge entscheiden – egal aus welcher Kunstsparte das Förderansuchen stammt. Das kann nicht funktionieren!
Historie Nr.2: Die Einführung des Kulturkuratoriums zog eine Novellierung des 2005 eingeführten Kunst- und Kulturförderungsgesetzes nach sich. Zu dieser Novellierung gab es 2012 eine Stellungnahme der IG Kultur Steiermark im Unterausschuss des Landtages. Bereits damals wurden Maßnahmen von der IG Kultur Steiermark vorgeschlagen, die wir heute gerne wieder betonen.
Was jetzt?
Neue Periode – Zeit einiges richtig zu stellen
Die 15 Mitglieder des Kulturkuratoriums werden ausschließlich von den beiden Regierungsparteien vorgeschlagen und eingesetzt. Im Sinne der Transparenz und der demokratiepolitischen Entwicklung ist jedoch ein Bestellungsverfahren der Mitglieder, wie es in anderen Bundesländern (speziell Oberösterreich seit 1988, Salzburg seit 1998, Tirol seit 2010) üblich ist, wünschenswert. In all diesen Fällen erfolgt die Bestellung der Mitglieder aufgrund von Vorschlägen, die von bedeutenden kulturellen Einrichtungen, Organisationen, Personen und Personengruppen (inklusive der IG Kultur der Länder) gemacht werden. Im vorbildlichen Oberösterreich hat die Landesregierung sogar durch öffentliche Ausschreibung Kultureinrichtungen und Kulturschaffende eingeladen, für die Mitgliedschaft geeignete Persönlichkeiten vorzuschlagen bzw. sich zu bewerben.
Bei der Besetzung des Kulturkuratoriums müssen auf jeden Fall Personen berücksichtigt werden, die in den Kunstsparten, sowie in der lokalen und überregionalen Kunst- und Kulturlandschaft vertreten sind. Nur so kann ein professioneller und weitläufiger Blick von außen garantiert werden. Kunstferne Personen dürfen in einem Gremium mit so weitreichenden Aufgaben, wie es das Kulturkuratorium besitzt, nicht Platz finden.
Die oben genannten Aufgaben erscheinen für ein 15-köpfiges Gremium nicht machbar, weshalb, wie in der Presseaussendung von November 2014 beschrieben, Qualitätsverluste zu verzeichnen sind. Deshalb muss eine Überarbeitung des Beiratssystems in Betracht gezogen werden. Als Vorbild kann das Beiratssystem der Stadt Graz herangezogen werden. Dort widmet sich ein Kulturbeirat ausschließlich kulturpolitischen Belangen, während Fachbeiräte für die Begutachtung der Förderanträge in den jeweiligen Sparten eingesetzt werden. Denn nur mit einem qualitativ hochwertig besetzten Fachbeirat ist es möglich, sinnvolle Kriterien für die Begutachtung der Förderanträge auszuarbeiten. Quantitative Größen wie Publikumszuspruch, Eigeneinnahmen oder verstärkter Regionalismus dürfen nicht an oberster Stelle in der Bewertung von Kunst- und Kulturprojekten stehen! Ökonomisierung muss im Kunst- und Kulturbereich außen vorgelassen werden. Dagegen ist inhaltlichen Parametern wie Aktualität im internationalen Kunstdiskurs sowie der regionalen und überregionalen Relevanz von Kunst- und Kulturarbeit der Vorzug zu geben.
Zumindest die vermehrte Einbeziehung der bereits existierenden FachexpertInnen muss unbedingt erfolgen, um weiteren Qualitätsverlusten in der Abwicklung der Begutachtung vorzubeugen und in Zukunft die gesetzliche Rahmenbedingung der 14-Wochen-Frist einhalten zu können.
Denn „Good Governance“ soll auch in der Steiermark wirksam werden.
Generell erscheint es uns für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Kulturschaffenden notwendig, dass die Geschäftsordnung des Kulturkuratoriums und die Leitlinien zur Begutachtung von Förderanträgen transparent gemacht werden.
In diesem Sinne fordern die Unterzeichnenden:
1. Transparenz in der Ausschreibung zur Bestellung des Gremiums
2. Möglichkeit zur Bewerbung und zum Vorschlagen geeigneter Personen
3. Besetzung mit Personen aus allen Kunstsparten und aus der lokalen, sowie überregionalen Kunst- und Kulturlandschaft
4. Öffentliche Darstellung der Geschäftsordnung des Kulturkuratoriums
5. Öffentliche Darstellung der Leitlinien zur Begutachtung von Förderanträgen
6. Überarbeitung des Beiratssystems nach dem Vorbild der Stadt Graz:
>> Kulturkuratorium zur Beratung für kulturpolitische Belange
>> Fachbeiräte für die Begutachtung der Förderanträge in den jeweiligen Sparten, zumindest aber die vermehrte Einbeziehung der bereits existierenden FachexpertInnen
Die Unterzeichnenden:
IG Kultur Steiermark, Offener Betrieb Graz, Das andere Theater, mur.at, KIG! Kultur in Graz, GAT Internetportal für Architektur und Lebensraum, ZV Zentralvereinigung der ArchitektInnen Steiermark, kultlabor, Radio Helsinki
Stellungnahme im Landtag am 14.11.2012
Presseaussendung von 27.09.2012
http://igkultur.at/artikel/wie-werden-gesetze-gemacht
Presseaussendung von 28.02.2012
http://igkultur.at/artikel/mit-sparen-hat-das-nichts-mehr-zu-tun
Zembylas, Tasos: „Good Governance“ in der Kulturförderungsverwaltung. Einsichten aus einer empirischen Untersuchung. Wien, 2005.http://kulturrat.at/agenda/transparenz/Studie_Kulturfoerderung.pdf
PDF zum DOWNLOAD: PA_IG-Kultur-Steiermark_Zeit-Bilanz-zu-ziehen
REAKTION PRESSE
"Die IG Kultur und zahlreiche weitere Institutionen der sogenannten freien Kulturszene üben Kritik an der Arbeit des Kulturkuratoriums. Dieses 15köpfige Gremium wurde 2013 nach Nachfolgegremium der zuvor bestehenden zwei Gremien Landeskulturbeirates und des Förderbeirates installiert und ist für die kulturpolitische Beratung und die Begutachtung der Förderansuchen der Kulturschaffenden zuständig. Die Vorsitzende der IG Kultur, Anita Hofer, sieht die Konstellation des Kulturkuratoriums problematisch."
"meint IG-Kultur-Vorsitzende Anita Hofer, die sich auch eine Einbindung von Kulturinstitutionen und Organisationen bei der Bestellung von Mitgliedern des Kulturkuratoriums wünscht"
( ORF Steiermark - Kulturjournal 17.12.14 )
( Falter 17.12.14 )
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