Beratungspraxis: Steuerfragen im Kulturverein – Künstler*innen-Vereine

Viele Kulturarbeiter*innen stehen oft vor dem Punkt einen Verein zu gründen, um sich im Idealfall auch über diesen anstellen zu können. ABER: Können von Künstler*innen/Kulturarbeiter*innen gegründete Vereine, über die sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, gemeinnützig sein? Ausgabe 1 der aktuellen Reihe „Aus der Beratungspraxis“ zu steuerrechtlichen Fragen.

Bild Beratungspraxis Steuerfragen

In unserer Reihe „Aus der Beratungspraxis“ greifen wir dieses Mal steuerrechtliche Fragen auf, die in der Beratung immer wieder nachgefragt werden, besonders heikel sind, als auch im Webinar „Steuerfragen im Kulturverein“ vom 27.03.2025 mit Mag. Andreas Lummerstorfer besonders viel Resonanz erfahren haben. Die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft hat die folgende Beantwortung der Anfragen zu steuerlichen Aspekten geprüft und ergänzt. 


Wichtiger Hinweis: Die folgenden Ausführungen bieten einen Überblick über ausgewählte steuerrechtliche Aspekte. In der Praxis handelt es sich oft um komplexe Abgrenzungsfragen, die nicht pauschal beantwortet werden können und stets vom konkreten Einzelfall abhängen. Dieser Text stellt keine Einführung in die Thematik dar und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Bei Fragen zum Thema steht die IG Kultur Kulturvereinen gerne unter beratung@igkultur.at unterstützend zur Seite. 

 

Teil 1 – Können von Künstler*innen/Kulturarbeiter*innen gegründete Vereine, über die sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, gemeinnützig sein?

Kurz gefasst wird ein Verein, bei dem alles darauf hindeutet, dass der Verein lediglich gegründet wurde, um sich selbst über diesen Verein anzustellen und daraus seinen wesentlichen Lebensunterhalt zu beziehen, nicht als gemeinnützig gewertet werden. Die selbstlose Gesinnung der agierenden Personen wird in Zweifel gezogen werden.

Ausführlicher erläutert: Um gemeinnützig zu sein, müssen Kulturvereine ausschließlich und unmittelbar einen gemeinnützigen Zweck verfolgen, der die Allgemeinheit fördert – und zwar sowohl laut Statuten als auch in ihrer tatsächlichen Geschäftsführung.
Die Förderung von Kunst gilt gem. § 35 Abs 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) als gemeinnütziger Zweck. Begünstigt ist jedoch laut Vereinsrichtlinien (siehe RZ 61) nicht nur die Förderung der Kunst, sondern auch der Kultur (zB durch Theatervereine, Literaturvereine, Museumsvereine usw.). Die ideellen Mittel (die Tätigkeiten des Vereins) können in der Durchführung von Vorträgen, Führungen, Ausstellungen usw., aber auch in der Förderung (Ermöglichung) eigener künstlerischer Betätigung bestehen.
        
 

Gemeinnützig sind nur solche Zwecke, ...

...durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.
...welche dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützen
...die von einer selbstlosen (uneigennützigen) Gesinnung von der hinter dem Rechtsträger stehenden Personen (Gründer*innen, Mitglieder) getragen sind.
 

Die Vereinsrichtlinien präzisieren
Die Gewährung eines angemessenen Entgelts für Vorstand und Funktionäre ist grundsätzlich nicht schädlich. An der Förderung der Allgemeinheit (Selbstlosigkeit) mangelt es aber, wenn die Gründung bzw. Fortführung des Vereins offensichtlich primär auf den Erwerb von Einkünften oder die Finanzierung des Lebensunterhalts der Funktionäre und Mitglieder abzielt. Weder bei der Gründung noch während des Bestands der Körperschaft dürfen eigennützige Zielsetzungen der Gründer bzw. eines nicht nur unwesentlichen Teiles der Mitglieder im Vordergrund stehen. 

Beispiel: Die Vereinsrichtlinien führen als Beispiel einen Verein an, der ein Orchester unterhält, dessen Musiker*innen Angestellte des Vereins sind. Handelt es sich bei den Musiker*innen im Wesentlichen nur um die Vereinsmitglieder, liegt im Rahmen der Geschäftsführung eine begünstigungsschädliche eigennützige Zielsetzung des Vereins vor. 

Das heißt in Konstellationen, in denen Personen einen Kulturverein gründen, um sich selbst über den Verein anzustellen und davon ihren wesentlichen Lebensunterhalt zu beziehen, kann bei einer Prüfung die selbstlose Gesinnung in Frage gestellt werden und der Verein nicht als gemeinnützig gelten. Dies sollte bereits bei Gründung eines Kulturvereins bedacht werden.


Fazit für die Praxis

Für von Künstler*innen gegründete Vereine bedeutet das:

  • Wenn die Vereinsstruktur in erster Linie darauf ausgelegt ist, die Gründer*innen selbst anzustellen und deren Lebensunterhalt zu sichern, ist eine Anerkennung als gemeinnützig nicht möglich.

  • Diese Problematik sollte bereits bei der Gründung eines Kulturvereins bedacht werden, um spätere Risiken bei einer Prüfung durch die Finanzverwaltung zu vermeiden.


Da es sich um komplexe Abgrenzungsfragen handelt, empfiehlt es sich dringend, konkrete Einzelfälle mit der steuerlichen Vertretung abzuklären. Ein Restrisiko, dass die Finanzverwaltung eine andere Rechtsauffassung vertritt, bleibt jedoch bestehen.