dokumentarfilm

Von der Alternativenlosigkeit, ohne Heirats- oder Partner*innenschaftsurkunde hier gemeinsam zu leben bis zum „Dokumentenzirkus“, um überhaupt vor das Standesamt (bzw. die Bezirksverwaltungsbehörde) treten zu können. Von den Fallstricken beim Antrag auf den Aufenthaltstitel als Familienangehörige*r bis zu den oftmals unerfüllbaren Anforderungen bei jeder Verlängerung der Aufenthaltspapiere für (Ehe)Partner*innen aus so genannten Drittstaaten.
Es ist der Zugang der Filmemacherinnen, nicht die Art, wie sie ihr Thema aufrollen, sondern die Art, wie sie ihre Bilder wählen und gestalten, Schnitte setzen. Dieser Zugang, der sich in den oftmals viel zu langen Standbildern äußert, ist für mich nur mit den Worten ethnologisch aufgeladen fassbar.
Martin Krenn und Nina Maron hatten im Jahr 1999 ihr Vorhaben begonnen, einen Film über Harry Spiegel zu drehen: Waschmaschinenverkäufer, Möbeltandler, Erfinder der Tischtennistherapie, Gründer der Psychopannenhilfe und langjähriges Vorstandsmitglied im Wiener WUK, um nur ein paar von Harrys Tätigkeiten in den letzten 55 Jahren seines Lebens zu nennen.
Muehl bezeichnete Aktionen wie "Oh Sensibility" als „Revolution der Wirklichkeit“ und war der Meinung, dass Schnitte in deren filmischer Dokumentation diese Wirklichkeit verschleierten: „Für mich ist nicht interessant, was mit der Kamera und dem Film geschieht, sondern was vor der Kamera getan wird.“
Wenn sich der fiktive Film „dokumentarisch” gebärdet, sind meist gezinkte Karten im Spiel. Im folgenden drei Beispiele von Filmen, die mittels der Bezugnahme auf „Wahre Geschichten” auf Überwältigung der Rezipienten zielen.
„Artikel 7 – Unser Recht!“, die Fernsehgeschichte über den Ortstafelstreit in Kärnten erhielt mit der anstandslosen Endabnahme des TV-Masterbandes die offizielle Zustimmung des ORF und in der Folge die letzte Förderrate überwiesen. Thomas Korschil, Eva Simmler (Regie) und Johannes Rosenberger (Produzent) konnten sich freuen, auch über den kurz später kommunizierten Sendetermin. Doch dann kam alles anders.
Am Anfang des so genannten Dokumentarfilmbooms steht der Erfolg von Michael Moore. Zuerst „Bowling for Columbine“, vor allem aber seine populistische Bestandsaufnahme der Folgen des Terroranschlags vom 11. September, „Fahrenheit 9/11“. Schon die Filme Moores – und eine Reihe von anderen USPolit- Dokus wie etwa die Filme von Robert Greenwald oder von Eugene Jarecki – reagieren auf ein mediales Defizit: auf den Umstand, dass für liberale Ansätze im Mainstream der US-Medien (und damit sind vor allem die großen TV-Stationen gemeint) der Platz eng wurde, sodass man auf alternative Vertriebskanäle – ob im Kino oder auch im Internet – ausweichen musste.
Der Dokumentarfilm erlebt scheinbar eine Renaissance im Kino – beste Gelegenheit darüber zu diskutieren, wie er sich von seiner Jahrzehnte langen TV-Abhängigkeit lösen kann. Zuallererst muss erkannt werden, dass die Doktrinen der Authentizität, Objektivität und Glaubwürdigkeit strukturelle Gesetze des Fernsehens und nicht des Kinos sind. Solange der Kinofilm nicht bereit ist, sich von diesen Fesseln zu befreien und das performative Spiel mit ihnen ins Zentrum des Filmemachens zu rücken, wird er weiterhin Kuriosum bleiben – schlimmer noch: Er wird es nicht vermögen, seine emanzipativen Potenziale zu entfesseln.
„Das Rundfunkgesetz sowie die entsprechende Rechtssprechung verpflichtet den ORF im Bezug auf alle seine Sendungen zur Objektivität. Der genannte Film widerspricht diesem Grundgesetz in einigen Aspekten deutlich und darf daher aus rechtlichen Gründen nicht ausgestrahlt werden.“ So lautete die Begründung, mit der Franz Grabner, Leiter der ORFKultur Dokumentarfilmredaktion, Ende letzten Jahres die Zensur des Films „Artikel 7 - unser Recht!“ durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich rechtfertigte.