gerechtigkeit

„Konsens ist das, was den Dissens unterdrückt. Die Mehrheit der ,Bevölkerung‘ legitimiert heutzutage mittels ihrer Handlungs- und Denkreduktion einen, unserer gesellschaftlichen Situation angepassten, spezifischen Konsens. Statt Dissens existiert heute nur ein Zustand, in dem der Konflikt unsichtbar ist. Es scheint jeweils keine andere Lösung zu geben außer derjenigen, die gerade präsentiert wird.“
Ist politisch sein sexy? Flexibel zu sein, cool, eigenverantwortlich, erfolgreich und dynamisch, sich ständig auf neue Herausforderungen einzulassen, ja, das gilt als attraktiv und falls solche Identitätsanforderungen mal stressen – keine Bange, alles reparabel! –, hält man uns Umschulungen, Sport und Meditation parat.
Am Beispiel des Rauchens lässt sich gut zeigen, wie das wohlfahrtsstaatliche System, das in Bezug auf die Krankenversicherung die Beiträge am Einkommen orientiert hat, langsam abgelöst wird durch das Modell einer „versicherungsmathematischen Gerechtigkeit“ (Schmidt-Semisch), die Gerechtigkeit an den Risiken ausrichtet. Hier findet eine Umcodierung von Begriffen wie Gerechtigkeit und Solidarität statt.
Traditionell war es die Sozialdemokratie, die Gerechtigkeit nicht nur als Ziel proklamierte, sondern auch zur Maxime ihres politischen Handelns machte. Das ist bloß noch Geschichte.